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Urteil Obergericht (BE)

Zusammenfassung des Urteils ZK 2009 339: Obergericht

In dem Urteil der 1. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Bern vom 20. August 2009 ging es um eine Streitigkeit zwischen A. und B. sowie C. über die Kostenverteilung in einer Feststellungsklage betreffend ein Darlehen zwischen Familienmitgliedern. Die Parteikosten wurden zu vier Fünfteln der obsiegenden Klägerin/Appellantin und zu einem Fünftel dem unterlegenen Beklagten/Appellaten auferlegt. Das Obergericht stellte fest, dass die Vorinstanz einen Ermessensmissbrauch begangen hatte, indem sie sämtliche Kosten der obsiegenden Partei auferlegt hatte. Das Urteil wurde rechtskräftig.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZK 2009 339

Kanton:BE
Fallnummer:ZK 2009 339
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid ZK 2009 339 vom 10.09.2009 (BE)
Datum:10.09.2009
Rechtskraft:Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.
Leitsatz/Stichwort:Art. 58 Abs. 3 ZPO: Kostenverteilung
Schlagwörter : ämtliche; Appellantin; Teilung; Ermessen; Entscheid; Streitigkeit; Auferlegung; Prozesskosten; Oberrichter; Klägerin/Appellantin; Bull; Parteikosten; Appellaten; Kostenliquidation; Abstand; Richter; Kostenpflicht; Gericht; Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi; Regel; Urteil; Oberrichterin; Verfahren; Fünftel; Verwandten; ältnismässigen
Rechtsnorm:Art. 207 ZPO ;Art. 58 ZPO ;Art. 69 ZPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ZK 2009 339

ZK 2009 339 - Art. 58 Abs. 3 ZPO: Kostenverteilung
APH 09 339, publiziert Oktober 2009

Urteil der 1. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Bern,
unter Mitwirkung von Oberrichter Kunz (Referent), Oberrichterin Lüthy-Colomb und Oberrichterin Apolloni Meier sowie Kammerschreiberin Kämpfer

vom 20. August 2009

in der Streitsache zwischen

A.
vertreten durch Rechtsanwalt X.
Klägerin/Appellantin

und

B.
Beklagter/Appellat

C.
Beklagte/Appellatin

beide vertreten durch Fürsprecher Y.


Regeste:
• Ordentliche Appellation gegen eine Kostenverfügung (Art. 69 ZPO) im schriftlichen Verfahren
• erstinstanzlicher Entscheid wurde dahingehend abgeändert, als dass die Parteikosten zu vier Fünfteln der obsiegenden Appellantin und zu einem Fünftel den unterlegenen Appellaten auferlegt wurden
• Art. 58 Abs. 3 ZPO ist anwendbar, da es sich um eine Streitigkeit unter Verwandten handelt und sich nicht die unterliegende, sondern die obsiegende Partei starrköpfig verhalten hat. Art. 58 Abs. 3 ZPO verweist auf Art. 58 Abs. 2 ZPO. Dieser spricht von einer verhältnismässigen Teilung der Kosten. Bei einer Verlegung von sämtlichen Kosten an die obsiegende Partei, kann jedoch nicht mehr von einer Teilung die Rede sein (vgl. hierzu auch Entscheid der I. ZK Nr. N-0373/1/2002 vom 12. Dezember 2002 [Ausf. 4. April 2005], wo bei einer Auferlegung von sämtlichen Prozesskosten an die obsiegende Partei eine Verletzung klaren Rechts im Sinne von Art. 360 Ziff. 2 ZPO bejaht worden ist). Die Vorinstanz hat somit einen Ermessensmissbrauch begangen, indem sie sämtliche Kosten der obsiegenden Partei auferlegt hat.


Redaktionelle Vorbemerkungen:
Mit einer Feststellungsklage ersuchte die Klägerin/Appellantin im Wesentlichen um Feststellung der Höhe der Darlehensvaluta eines Darlehens, welches ihr von ihren Eltern, den Beklagten/Appellaten, im Zusammenhang mit diversen Liegenschaftsverkäufen gewährt worden war, per Ende Dezember 2006. Die Beklagten/Appellaten unterzogen sich der Klage unter Vorbehalt der gerichtlichen Kostenliquidation. Infolgedessen schrieb der Gerichtspräsident das Verfahren ab und auferlegte sämtliche Gerichtsund Parteikosten der Appellantin. Er begründete seinen Entscheid im Wesentlichen damit, dass vorliegend Art. 58 Abs. 3 ZPO anzuwenden sei, da es sich um eine Streitigkeit unter Familienmitgliedern handle. In Anwendung dieser Bestimmung würden die Gerichtskosten grundsätzlich halbiert und die Parteikosten wettgeschlagen. Da sich die Klägerin/Appellantin jedoch vorliegend starrköpfig verhalten habe, rechtfertige es sich, ihr die gesamten Kosten aufzuerlegen.

Auszug aus den Erwägungen:
I.

[...]

II.

[...]

III.

1. Gemäss Art. 207 ZPO beenden der Abstand einer Partei sowie der dem Richter zu Protokoll erklärte ihm zu den Akten gegebene Vergleich der Parteien den Rechtsstreit (Abs. 1). Ist der Abstand unter Vorbehalt der Kostenliquidation erfolgt enthält ein Vergleich keine Regelung der gegenseitigen Kostenpflicht, so entscheidet das Gericht nach Artikel 206 über die Kostenpflicht und die Höhe der Kosten. In den anderen Fällen erfolgt die Kostenbestimmung nach Art. 68 (Abs. 2). Da vollumfänglicher Abstand grundsätzlich volle Kostenpflicht nach sich zieht, kann der Vorbehalt der Kostenliquidation in diesem Falle nur dann zu einer anderen Regelung führen, wenn bei sofortiger Klageanerkennung die Anwendung von 60 beantragt ist die Anwendung von 58 III in Frage kommt sowie in anderen hier nicht interessierenden Ausnahmefällen (vgl. Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 2000, N. 4b zu Art. 207 ZPO).

(...)

2. Gemäss Art. 58 ZPO ist die unterliegende Partei in der Regel zum vollständigen Ersatz der Prozesskosten an ihren Gegner zu verurteilen (Abs. 1). Hatte die obsiegende Partei zuviel gefordert die Prozesskosten durch unnötige Weitläufigkeiten vermehrt, ist in der Hauptsache teilweise auch zu Gunsten der andern Partei entschieden worden, so kann der Richter je nach Umständen eine verhältnismässige Teilung Wettschlagung der Kosten verfügen (Abs. 2). Diese Befugnis besteht auch bei Streitigkeiten zwischen Ehegatten, Verwandten und Verschwägerten in aufund absteigender Linie, vollund halbbürtigen Geschwistern und ihren Ehegatten sowie bei Streitigkeiten familienrechtlicher Natur (Abs. 3).

Die Teilung kann beschränkt werden auf die Kosten des (ganz teilweise) Obsiegenden, so dass er also nur unvollständigen Ersatz erhält; sie kann auf den gesamten Kosten beider Parteien vorgenommen werden, so dass u. U. die obsiegende der unterliegenden Partei Kosten zu ersetzen hat. Die Berücksichtigung der Umstände lässt dem Ermessen des Richters weiten Spielraum (vgl. Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, a.a.O., N. 7a zu Art. 58 ZPO).

(...)

3. [...]

4. Art. 58 Abs. 3 ZPO verweist auf Art. 58 Abs. 2 ZPO. Dieser spricht von einer verhältnismässigen Teilung Wettschlagung der Kosten. (...). Es bleibt zu prüfen, inwieweit der Begriff „Teilung“ auch eine Auferlegung von sämtlichen Kosten an die obsiegende Partei zulässt mit anderen Worten wie gross der Ermessensspielraum des Gerichts in diesem Fall ist.

Obwohl dem Ermessen des Gerichts in Art. 58 Abs. 2 ZPO ein weiter Spielraum gegeben wird (vgl. Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, a.a.O., N. 7a zu Art. 58 ZPO), kommt die Kammer nach dem klaren Wortlaut von Art. 58 Abs. 2 ZPO zum Schluss, dass eine vollständige Auferlegung der Kosten an die obsiegende Partei einen Ermessensmissbrauch und somit eine Rechtsverletzung darstellt (vgl. hierzu auch Entscheid der I. ZK Nr. N-0373/1/2002 vom 12. Dezember 2002 [Ausf. 4. April 2005], wo bei einer Auferlegung von sämtlichen Prozesskosten an die obsiegende Partei eine Verletzung klaren Rechts im Sinne von Art. 360 Ziff. 2 ZPO bejaht worden ist). Somit kommt eine Verlegung von sämtlichen Kosten an die Appellantin nicht in Frage.

(...)

5. [...]

6. [...]

7. [...]


IV.

[...]


Hinweis:
Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

Quelle: https://www.zsg-entscheide.apps.be.ch/tribunapublikation/

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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